So spannend wie ein Krimi
Von: Patricia Nossol
Datum: 20. Februar 2021
Der Vatikan soll ein Schauplatz eines kalten Krieges sein? In meiner Vorstellung ist es ein Ort der Nächstenliebe.
Niemals habe ich es für möglich gehalten, dass sich religiöse Menschen derart bekämpfen, wie es Andreas Englisch in seinem Buch „Der Pakt gegen den Papst“ beschreibt.
Offenbar gibt es mächtige Männer aus dem Inneren der Kurie, die sich von Papst Franziskus bedroht fühlen. Sie verbünden sich in geheimen Zirkeln mit dem Ziel den Papst zu stürzen. Ihre Verbindungen reichen bis in die Spitzenämter der katholischen Kirche. Ich bin entsetzt.
Andreas Englisch ist Deutschlands bekanntester Vatikan-Experte. Er hat die Hintermänner dieser Verschwörung ausfindig gemacht und mit ihnen geredet.
In seinem Buch berichtet er ausführlich über diese Recherche und zeigt auf, wer alles dem Papst an den Kragen will.
Obwohl es sich um ein Sachbuch handelt, könnte man meinen, man hält einen Thriller in den Händen. Der Autor schreibt, trotz des schwierigen Themas, locker und lebendig. Das reißt mit. Es ist für mich interessant zu erfahren, wie die Menschen im Vatikan leben. Englisch gibt Stimmungen wieder, redet offen über seine Erlebnisse, Gefühle und Gedanken. Das gefällt mir. Was er in seinem Buch aufdeckt ist unvorstellbar und nur schwer zu begreifen.
Zugegeben, meine Vorkenntnisse hinsichtlich des Katholizismus sind rudimentär. Aber was ich hier lese ändert meinen bisherigen Eindruck gravierend. Es ist erschreckend, was hier für Intrigen geschmiedet werden. Unglaublich, aber wahr. Letztendlich sind es Machtspiele. Jeder versucht sein Schäfchen ins Trockene zu bringen. Hoch studierte Menschen, die Vorbild sein sollten, benehmen sich wie Ganoven. Sie haben festgefahrene Ideale, von denen sie nicht abweichen. Andererseits schwelgen sie aber im Luxus und genießen das schöne Leben. Besonders schockiert bin ich über die Schilderungen der Aktivitäten von Joseph Ratzinger und seinen Gefolgsleuten.
„Sie müssen folgendes wissen: Es gibt ein Geheimnis in diesem Pontifikat, und das ist, dass dieser Papst der Einzige ist, der zusammen mit Männern regieren muss, die dafür ausgebildet wurden, ihn zu verhindern und zu bekämpfen.“ (Zitat aus dem Buch)
Die Kirche sitzt auf einem absterbenden Ast und nun kommt Franziskus und will sie umkrempeln. Dieser Papst ist anders als seine Vorgänger. Ein bescheidener Mensch, der auf jeglichen Reichtum verzichtet und sein Ohr immer an der Basis hat. Er bringt verschiedene Glaubensrichtungen an einen Tisch, doch für die mächtigen Katholiken zählt nur ihr Glaube.
Auf mich wirkt der Papst erfrischend, beinahe modern. Er ist mutig und erobert mein Herz im Sturm.
Franziskus hasst diese „selbstverliebte, rückwärtsgewandte, untätige Kirche frömmelnder Traditionalisten.“ (Zitat aus dem Buch)
Deshalb schickt er die konservativen, luxusverwöhnten Würdenträger an die Front zurück. Er nimmt ihnen Privilegien und sie reagieren zornig darauf.
Wie dicht Franziskus bei den Menschen ist, zeigt folgendes Beispiel: Im Sommer 2020 öffnet er über 100 Kindern die Vatikanischen Gärten. Damit sagte er den hohen Herren im Vatikan : „Wenn ihr euch weigert in die Welt da draußen zu gehen, dann lasse ich hier die Welt einfach herein.“ (Zitat aus dem Buch)
In Zeiten der Corona-Pandemie stellt sich der Papst auf die Seite der Vernunft, sagt Gottesdienste und Versammlungen ab. Seine Gegner werten das als Hochverrat und Verachtung Gottes.
Unbeirrt geht der Papst seinen Weg, beschäftigt sich mit heiklen Themen wie Ehebruch und Homosexualität, trifft immer wieder Entscheidungen, die auf Ablehnung stoßen und läuft dabei Gefahr, gestürzt zu werden.
Auf ein Happy End ist nicht zu hoffen. Der Kampf geht weiter.
Eine aufschlussreiche, spannend erzählte Enthüllungsstory, die nachdenklich stimmt. Leseempfehlung!